Fragen und Antworten

Das Anpassungsgeld ist eine Lohnersatzleistung, die im Steinkohlen-Bergbau dazu dient, den Personalabbau sozialverträglich zu gestalten. Mit dem Anpassungsgeld wurde ein Teil des Einkommens entlassener Bergleute finanziell abgesichert, bis sie in einen (vorgezogenen) Altersrentenbezug gewechselt sind. Dieser Betrag wurde durch tarifliche Vereinbarungen aufgestockt. Dieses Instrument wird nun auf Empfehlung der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung auf den Braunkohlebereich und die Steinkohle-Verstromung übertragen.
Die neue APG-Richtlinie wurde vom Bundeswirtschaftsministerium aufgrund des Kohleausstiegsgesetzes vom 03.09.2020 erlassen, am 18.09.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und trat am 19.09.2020 in Kraft. Ihre Rechtsgrundlage ist § 57 Kohleverstromungsbeendigungsgesetz (KVBG).
Das KVBG trat am 14.08.2020 in Kraft, als Artikel 1 des Kohleausstiegsgesetzes.
Das Instrument APG muss betrieblich optimal genutzt werden, damit die beschlossene Beendigung der Kohleverstromung und des Braunkohlebergbaus sozialverträglich gestaltet werden kann. Hierzu haben wir bereits Tarifverträge abgeschlossen, um das Anpassungsgeld aufzustocken. In einigen Bereichen dauern die Tarifverhandlungen noch an.

Ältere Beschäftigte, die von Stilllegungsmaßnahmen betroffen werden, sollen in den vorzeitigen Ruhestand wechseln können – unter Ausgleich von Rentenabschlägen. 
Das Wirtschaftsministerium veröffentlichte hierzu am 18. September, die entsprechende Richtlinie, die ein staatliches Anpassungsgeld gewährt, damit bis zu fünf Jahre zum vorzeitigen Renteneintritt überbrückt werden können. 
Die Tarifpartner - Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände beziehungsweise Unternehmen - regeln in Tarifverträgen ergänzende Zahlungen. Das Gesamtpaket sichert die Sozialverträglichkeit des Kohleausstiegs ab und gilt für die gesamte Auslaufphase der Braun- und Steinkohle, einschließlich der Rekultivierung, bis zu einem Eintritt in APG Ende 2043.

Beschäftigte, die zum Zeitpunkt ihrer Entlassung mindestens 58 Jahre alt sind und am 30.09.2019 in einem der betroffenen Unternehmen beschäftigt waren.  
Anspruch auf das Anpassungsgeld haben entlassene Beschäftigte von Braunkohlekraftwerken und -tagebauen sowie Steinkohlekraftwerken. 
Die Richtlinie umfasst zudem die Bereiche Veredelung und Querschnittsbereiche wie zum Beispiel Verwaltung, Werkstätten und Service der jeweiligen Kohleunternehmen. 

Ebenfalls anspruchsberechtigt sind nach der Richtline des Wirtschaftsministeriums:

Braunkohle:
• Entlassene Beschäftigte eines Tochterunternehmens, das zum Stichtag 30.09.2019 nahezu ausschließlich und unmittelbar für das Unternehmen tätig ist. Dies ist gegeben, wenn mindestens 80 Prozent des Jahresumsatzes in 2019 mit einem Braunkohleunternehmen erwirtschaftet wurde. 
• Entlassene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Partnerunternehmen, wenn zum Stichtag 30.09. diese nahezu ausschließlich und spezifisch im Braunkohletagebau tätig sind. Dies ist gegeben, wenn mindestens 80 Prozent des Jahresumsatzes in 2019 aus einer spezifischen Tätigkeit um Braunkohletagebau erwirtschaftet wurde. mit einem Braunkohleunternehmen erwirtschaftet wurde. 

Steinkohleverstromung:
• Entlassene Beschäftigte eines Tochterunternehmens, das zum Stichtag 30.09.2019 nahezu ausschließlich und unmittelbar für das Unternehmen tätig ist. Dies ist gegeben, wenn mindestens 80 Prozent des Jahresumsatzes in 2019 mit einem Unternehmen erwirtschaftet wurde, das durch den Einsatz von Steinkohle elektrische Energie erzeugt. 
Im Bereich der Steinkohleverstromung erhalten die Beschäftigten nach § 57 KVBG Anspruch auf APG, sowohl wenn ein Steinkohlekraftwerk aufgrund einer Auktion stillgelegt wird, als auch, wenn die Stilllegung aufgrund einer staatlichen Anordnung erfolgt. 
• Tochter und Partnerunternehmen, die Berücksichtigung auf APG-Richtlinie erheben, müssen bis spätestens zwei Monate nach Inkrafttreten der APG-Richtlinie ihren Anspruch an das BAFA melden. Hierfür stehen entsprechende Formulare auf der Homepage des BAFA bereit. 
• Die Erweiterung auf Tochter- und Partnerunternehmen gab es in der alten APG-Richtlinie für den Steinkohlenbergbau nicht. Sie erfolgte auf unsere Anregung. Allerdings hätten wir uns eine klarere Formulierung gewünscht, welche Unternehmen gemeint sind.

Das APG wird nur anlassbezogen gewährt. Das heißt, es muss eine Kündigung vorliegen und sie muss aufgrund einer durch das KVBG veranlassten Stilllegung erfolgen. 
Artikel 10  Kohleausstiegsgesetz besagt allerdings: „Die Regelungen zur Zuschlagserteilung und Entstehung des Anspruchs auf den Steinkohlezuschlag in der Steinkohleausschreibung nach Artikel 1 § 18 Absatz 8, § 20 Absatz 1, die §§ 21 und 23, die Regelungen zur Reduzierung und Beendigung der Braunkohleverstromung nach Artikel 1 Teil 5 einschließlich des gemäß dieser Vorschriften geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrages und die Änderungen des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes durch Artikel 7 dürfen erst angewendet werden, wenn eine beihilferechtliche Genehmigung durch die Europäische Kommission vorliegt. Einfacher gesagt: Ohne Stilllegung kein APG. Ohne beihilferechtliche EU-Genehmigung keine Stilllegung, außer ordnungsrechtliche Steinkohle-Stilllegung nach § 35 KVBG.
Mit den Anpassungsmaßnahmen und dem APG-Bezug kann bereits 24 Monate vor der entsprechenden Stilllegungsmaßnahme begonnen werden. 

 
Wie es bereits im Steinkohlenbergbau erfolgreich praktiziert wurde, sollen APG nicht nur Beschäftigte erhalten, die von der Stilllegung einer Betriebseinheit unmittelbar betroffen sind, sondern auch Beschäftigte aus anderen Betriebseinheiten. Dafür kann ein „Ringtausch“ organisiert werden. So könnten jüngere Beschäftigte, die keinen Anspruch auf APG haben und deren Betriebseinheit von einer Stilllegung betroffen ist, auf einen anderen Arbeitsplatz in einer anderen Betriebseinheit wechseln, während dafür ältere Beschäftigte aus dieser Betriebseinheit in die Anpassung gehen. Dafür muss das Unternehmen ein entsprechendes Personalkonzept erstellen. 

APG kann ab 24 Monate vor der geplanten Stilllegung gewährt werden können.

 
Das Anpassungsgeld wird auf Antrag der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers gewährt. Im Vorfeld wird vom Kohleunternehmen eine Bestätigung darüber erstellt, dass es sich um eine zulässige Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des Kohleausstiegsgesetz handelt. Diese Bescheinigung enthält u.a. Angaben in welcher Betriebseinheit, auch unter Angaben zum Stellvertreterprinzip, die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer beschäftigt war. 
Für die Beantragung hat die BAFA ein elektronisches Antragsformular sowie ein Antrag in Papierform auf ihrer Homepage zur Verfügung gestellt.
Der Antrag soll innerhalb eines Monats nach der Entlassung gestellt werden. 
In diesem Prozess soll im Sinne der Richtlinie das Unternehmen dem Beschäftigten beratend und unterstützende zur Seite stehen. 

Die Höhe des Anpassungsgeldes bemisst sich entsprechend der Höhe der Rentenanwartschaften. Rentenabschläge aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente werden für Bezieher von Anpassungsgeld durch die Zahlung von Beiträgen ausgeglichen. Das Anpassungsgeld wird wie die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung jährlich angepasst. 

 
Ja, diese Tatbestände werden nach den gesetzlichen Bestimmungen bei der Berechnung des APG angerechnet. 

Ja, grundsätzlich wird ein durchgeführter Versorgungsausgleich im Falle einer Scheidung bei der Berechnung des APG berücksichtigt. Es besteht jedoch die Möglichkeit die Aussetzung des Versorgungsausgleiches zu beantragen. Hierfür hat die BAFA ein eigenes Zusatzformular online gestellt. 

Das APG wird bis 5 Jahre nach dem letztmöglichen Beginn am 31.12. 2043 gezahlt, also bis 31.12.2048.

Das Anpassungsgeld wird maximal fünf Jahre ausgezahlt. Die Zahlung erfolgt bis zum frühestmöglichen Renteneintritt der Beschäftigten. Das ist in der Regel mit 63 Jahren der Fall. 

Für die spätere Rente wird die Dauer des Leistungsbezuges angerechnet. Rentenabschläge in der gesetzlichen Rentenversicherung, die aus einem vorzeitigen Rentenbezug entstehen, werden durch staatliche Zahlungen an die Rentenversicherung ausgeglichen.
Die finanziellen Konsequenzen für die Bezieher einer betrieblichen Altersvorsorge werden auf betrieblicher  Ebene geregelt.

Ja. Allerdings nicht mehr im bisherigen Unternehmen oder in einem der oben genannten Tochter- oder Partnerunternehmen. Hinzuverdienste während des APG-Bezuges werden zu 30 Prozent auf das APG angerechnet. Zudem wird eine Deckelung für die Hinzuverdienste eingeführt, die sicherstellen soll, dass Hinzuverdienst und APG die Höhe des unmittelbaren Vorverdienstes nicht überschreitet. In diesem Fall wird das APG um den Überschreitungsbetrag gemindert. 

Das APG soll als Lohnersatzleistung steuerfrei sein. Es unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt. Das bedeutet, es wird zur Berechnung des persönlichen Steuersatzes mit herangezogen, ohne dass es selbst versteuert werden muss. Fortan muss eine Einkommenssteuererklärung abgegeben werden.

Die tarifliche Aufstockung zum Anpassungsgeld wird nicht auf das APG angerechnet. Auch bei Aufnahme einer Beschäftigung während der APG-Phase wird der tarifliche Zuschuss bei der APG-Berechnung nicht berücksichtig.

 
Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung müssen sich in der APG-Phase freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichern und entrichten ihren Beitrag selbst an ihre Krankenkasse. Hierzu wird ein Beitragszuschuss von maximal 50 Prozent gezahlt. 

 
Der Beitrag zur sozialen Pflegeversicherung wird vom APG-Empfänger selbst getragen und an die Krankenkasse gezahlt.

Beschäftigte können bis um 31.12.2043 in den APG-Bezug gehen. Die letzte Auszahlung des APG an Anspruchsberechtigte erfolgt demnach mit dem Ablauf des Jahres 2048. Das Instrument steht also über den Auslauf der Kohleverstromung 2038 hinaus und damit auch für die Rekultivierungsphase zur Verfügung. 

Wer nicht am 30.09.2019 in einem der betroffenen Unternehmen beschäftigt war oder zum Zeitpunkt der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses jünger als 58 Jahre ist, hat keinen Anspruch auf APG. 
Für diese Beschäftigten sollen Tarifverträge etwa zur Sicherung einer qualifizierten Arbeit durch Vermittlung und Ausgleich von Lohneinbußen, Aus- und Weiterbildung sowie weiteren Qualifizierungs- und Vermittlungsmaßnahmen und finanziellen Beihilfen abgeschlossen werden.  Auch dafür haben die Unternehmen Entschädigungszahlungen von der Bundesregierung bekommen.

Die IG BCE konnte sich in der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ und bei der Bundesregierung mit der Idee eines Anpassungsgeldes für ältere Beschäftige im Braunkohlenbergbau und in der Kohleverstromung erfolgreich durchsetzen. In der Erarbeitungsphase der APG-Richtlinie haben wir die langen Linien - z.B. die Fragen: Wer ist anspruchsberechtigt? Wie lange wird das APG gezahlt oder wie werden die Rentenabschläge ausgeglichen? - mit der Bundesregierung politisch diskutiert, sodass wir am Ende mit dem Gesamtpakt des APG zufrieden sein können. 
Dennoch werden nun viele Individualfragen bei der Beantragung des Anpassungsgeldes in den Betrieben aufkommen. Diese Vielzahl an Fragen wird die IG BCE nicht alle im Vorfeld mit dem BAFA oder Knappschaft rechtssicher klären können. Wie das BAFA gehen wir davon aus, dass die Individualberatung für die Beschäftigten durch die Unternehmen sichergestellt wird.
Bei Rechtsstreitigkeiten bei der Durchsetzung des APG-Anspruches gegenüber dem BAFA und den Unternehmen steht unseren Mitgliedern der Rechtsweg offen. Hierbei unterstützen wir unsere Mitglieder im Rahmen des Arbeits- und Sozialrechtsschutzes. Ein umfangreiches FAQ und die entsprechenden Anträge stehen auf der Homepage des BAFA zur Verfügung.