Das Leben von Frauen im 19. Jahrhundert ist von Rechtlosigkeit geprägt. Sie dürfen weder über sich selbst bestimmen noch am politischen Leben teilnehmen. Aus Eigenschaften wie Tugend und Fleiß wird ihnen die Rolle der Hausfrau und Mutter zugeschrieben. Doch die Frauen nehmen diesen Zustand nicht länger hin. Sie organisieren sich und streiten für mehr Rechte und Bildung.
Die Situation um 1800: Die „natürliche Hausfrau"
Die Rolle der Frau im 19. Jahrhundert wird durch ihre angeblich „natürlichen Charaktermerkmale" bestimmt. Aus Eigenschaften wie Tugend, Sittsamkeit und Fleiß wird den Frauen ihre Rolle als Hausfrau und Mutter zugeschrieben. Da es ihnen angeblich an Objektivität und Urteilsvermögen fehlt, wird Frauen der Status als autonome Menschen verweigert. Ein Vormund, zum Beispiel Vater, Bruder oder Ehemann, bestimmt über ihr Leben.
Dieses Frauenbild führt zu einer klaren Trennung der Geschlechter und der gesellschaftlichen Räume: Das Haus ist der Ort der Frauen, die Öffentlichkeit der Ort der Männer.
Die Ideologie hinter diesem „natürlichen Geschlechtscharakter" richtet sich vor allem an Frauen aus dem Bürgertum. Für Frauen aus der Arbeiterschicht funktioniert das Konzept der Hausfrau und Mutter nicht. Ihre Erwerbsarbeit ist überlebenswichtig für die Familie.
Mitte des 19. Jahrhunderts: Die Geburtsstunde der organisierten Frauenbewegung
Im Oktober 1865 gründen in Leipzig bei einer großen Frauenkonferenz 120 Frauen den Allgemeinen deutschen Frauenverein (ADF). Er wird zum Vorreiter für viele Frauenvereine in ganz Deutschland.
Sie prangern die schlechte Bildungssituation von Mädchen und Frauen an, verfassen Petitionen, schreiben an den Kaiser und nehmen die Bildung von Frauen in ihren Vereinen selbst in die Hand. So erstreiten sie die Zulassung von Frauen an den Universitäten (ab 1899/1900) und die Preußische Mädchenschulreform von 1908.
Ende des 19. Jahrhunderts: Die erste deutsche Gewerkschaftsvorsitzende
Frauen ist es verboten, Mitglied einer politischen Partei zu sein. In Gewerkschaften aber dürfen sie sich organisieren. Allerdings gilt dieses Recht vorerst nur für eigene Frauen-Gewerkschaften.
Die Vorgängerorganisation der IG Chemie, Papier, Keramik beschließt 1892 auch Frauen in den „Verband der Fabrik-, Land- und gewerblichen Hilfsarbeiter" aufzunehmen. Der „Verein deutscher Schuhmacher", aus der die Gewerkschaft Leder hervorgeht, öffnet sich bereits 1890 für die Mitgliedschaft von Frauen.
1889 wird die Hilfsarbeiterin Paula Thiede als erste Frau zur Vorsitzenden eines gewerkschaftlichen Zentralverbands gewählt. Insgesamt 20 Jahre steht sie dem „Verband der Buch- und Steindruckerei-Hilfsarbeiter und -Arbeiterinnen Deutschlands" vor und kämpft für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen von Frauen.
Im deutschen Kaiserreich: Der lange Weg zum Wahlrecht
1908 dürfen Frauen zum ersten Mal Mitglieder einer politischen Partei werden. Das aktive und passive Wahlrecht erhalten sie allerdings nicht. Grund dafür ist die Uneinigkeit der vielen Frauenvereine im Kaiserreich.
Eine klare Forderung nach dem Frauenwahlrecht erheben sie erst Jahre später. Das hängt auch mit der Debatte darüber zusammen, welches Wahlrecht denn sinnvoll wäre. Das preußische Dreiklassenwahlrecht auch für die Frau? Oder gleich das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht? Davon würden auch die Männer profitieren.
Erst nach dem Ersten Weltkrieg beendet die Revolution diese Auseinandersetzung. 1918 wird das allgemeine und gleiche Wahlrecht geschaffen. Es schließt das Stimmrecht der Frauen ein.