2. Konferenztag der Bundesjugendkonferenz

Expert*innen für Ausbildung von A bis Z

Mit einem bunten Strauß an Themen ging es in den zweiten Tag der Bundesjugendkonferenz. Zentrales Element der heutigen Diskussionen war aber auch: Das Thema Ausbildung - diesmal ganz konkret.

BuJuKon 21 Bühnenfoto von oben
Foto: © Christian Burkert

Keine Zeit für Förmlichkeiten. Schon am ersten Konferenztag ging es los mit der inhaltlichen Arbeit und den Antragsberatungen. Nach den gesellschaftspolitischen Forderungen, unter anderem zur Antidiskriminierung oder der innovativen Forderung von digitalen Wahlen folgten Beschlüsse im Bereich Wirtschaft und Industrie. Die Mobilitätswende gestalten und den ÖPNV ausbauen, den Industriestandort und Arbeitsplätze sichern in von der Transformation betroffenen Branchen - zum Beispiel durch Arbeitszeitreduzierung, Weiterbildung und einen Transformationsfonds - waren dahingehend wichtige Aspekte. Staatliche Zuschüsse an Tarifgebundenheit von Unternehmen zu koppeln und endlich die Glasfasernetze für gutes Internet auszubauen, waren weitere Forderungen im Bereich Wirtschaft, die die Jugend beschloss. Corona hat auch gezeigt: Es braucht einen starken Sozialstaat, ein öffentliches Gesundheitssystem und eine gerechte Umverteilung.  

Der zweite Tag startete mit einem Herzensthema für die Jugend: „Europa“. Die IG-BCE-Jugend setzt sich für ein stärker zusammenwachsendes, föderales Europa ein. Mehr Austauschprogramme und grenzübergreifende europäische JAV-Arbeit werden gefordert. Kompetenzen in der Steuerpolitik auf EU-Ebene für mehr Steuergerechtigkeit und europäische Tarifverträge sollen Europa gerechter machen. In der Bildungspolitik setzt sich die IG-BCE-Jugend vor allem für eine Verbesserung der Bildungsinfrastruktur, aber auch der Durchlässigkeit und Chancengleichheit im System ein. Das Thema Gewerkschaften stärker in den Lehrplänen zu verankern, ist der Gewerkschaftsjugend ebenfalls ein wichtiges Anliegen. Die Arbeitswelt unterliegt Wandlungsprozessen, denen sich Beschäftigte immer neu stellen müssen. Die IG BCE fordert daher einen gesetzlichen Weiterbildungsanspruch für Arbeitnehmer*innen von zehn Tagen und eine Stärkung der Mitbestimmung in diesen Fragen der Fortbildung.

Verbesserungen in der Ausbildung beschlossen

Der Antragsblock, der dann folgte, scheint in Anbetracht der Entwicklungen auf dem Ausbildungsmarkt und dem Rückgang der Azubi-Zahlen in diesem Jahr wichtiger denn je. Das Thema der dualen Ausbildung war daher ein zentraler Eckpfeiler der Antragsberatung am zweiten Konferenztag. So wurden unter anderem im Antrag „Duale Ausbildung von A bis Z stärken“ weitreichende Verbesserungen für Auszubildende in allen relevanten Lebens- und Arbeitsbereichen beschlossen. „Wir als IG BCE Jugend setzen uns für eine qualitativ hochwertige Ausbildung ein. Das duale Ausbildungssystem bietet vielen Menschen den Weg der Selbstverwirklichung. Um diesen Weg besonders attraktiv zu gestalten, möchten wir als IG BCE Jugend dafür sorgen, dass noch vorhandene Probleme erkannt und ihnen entgegengewirkt werden. Wir möchten, dass die Auszubildenden in unseren Branchen gerne zur Arbeit gehen und vor allem gesund wieder nach Hause“, lautete die Präambel. Und konkret übersetzt in Forderungen bedeutet dies: Eine deutliche Erhöhung der Ausbildungsplätze in den Betrieben. Diese werden aufgefordert, „ihre frei verfügbaren Kapazitäten zu nutzen und nicht mehr nur für den eigenen Bedarf auszubilden, sondern vorausschauend für ganze Wirtschaftszweige, zum Beispiel durch Kooperationen im Rahmen von Kooperations- und Verbundausbildung.“ Nur durch gemeinsame Anstrengung könne die bevorstehende Krise abgewendet werden, heißt es weiter.

Die Jugend fordert darüber hinaus bezahlbaren Wohnraum für Auszubildende, der weniger als ein Drittel der Ausbildungsvergütung beträgt. Dafür stellen auch Bildungswohnheime eine bezahlbare Lösung dar. Um kostengünstig zum Arbeitsplatz zu kommen, braucht es eine Förderung der Mobilität von Auszubildenden, beispielsweise durch kostenlose Nutzung des ÖPNV. Digitalisierung in der Ausbildung kann die Ausbildungsqualität steigern; gerade was die zur Verfügung stellen der Endgeräte anbelangt, soll der Arbeitgeber in die Pflicht genommen werden und es soll auch Schutzmechanismen wie feste Bildschirmzeiten geben, um einer Entgrenzung der Arbeit entgegenzuwirken. Die IG-BCE-Jugend will eine bessere Betreuung der Auszubildenden durch kleinere Ausbildungsgruppen und eine bessere Qualifizierung des Ausbildungspersonals durch mindestens fünf Tage Qualifizierungsfreistellung. Es bedarf laut der Jugend gut ausgestatteter Berufsschulen auf dem neuesten Stand – digitalisiert und renoviert. Und was die Abschlussprüfungen angeht, so sollen diese vereinheitlicht werden, um gleiche Chancen für Auszubildende zu gewährleisten.

Mehr Rechte für Jugendvertretungen

Für die Delegierte aus dem Landesbezirk Westfalen, Jördis Thiele, sind das wichtige Entscheidungen. Die 27-Jährige gelernte Industriemechanikerin spricht aus Erfahrung, wenn sie sagt, dass es pädagogisch besser geschultes Ausbildungspersonal braucht. „Wir müssen gleiche Chancen und eine hochwertige Qualität der Ausbildung sicherzustellen.“ Aus ihrer Sicht müssten „auch die Betriebe mehr Verantwortung übernehmen und überbetrieblich ausbilden“. In weiteren Anträgen werden auch die Auswahlverfahren für Ausbildungsplätze besprochen, die  zukünftig auch soziale Hintergründe der Bewerber*innen und nicht vorrangig nur die Schulnoten für die Eignung berücksichtigen sollen. Ebenso spricht sich die IG-BCE-Jugend dafür aus, Bewerbungsverfahren möglichst zu anonymisieren, um Diskriminierungen zu vermeiden und die Kompetenzen in den Vordergrund zu stellen. Wegweisend für die Auszubildenden sind auch Beschlüsse wie die Probezeit oder sachgrundlose Befristung nach der Übernahme abschaffen zu wollen. Wer drei Jahre im Betrieb war, muss nicht noch auf Probe seine Eignung beweisen, findet die Jugend. Mehr Mitsprache bei der Anzahl Einstellungen und Übernahmen von Azubis will die Jugend außerdem für Jugend- und Auszubildendenvertreter erreichen.

Insgesamt zeigt sich anhand der Anträge und der fachkundigen Debatten, dass die IG-BCE-Jugend die Expert*in für ihr Feld - die duale Ausbildung - ist. Sie ist die Stimme der Auszubildenden, sie kennt deren Lebensrealitäten, sie denkt Ausbildung ganzheitlich und kämpft für gute Rahmenbedingungen, Qualität in der Ausbildung und Perspektiven für junge Menschen. 

Bundesjugendkonferenz
Zeit für Held*innen

Mehr als 100 junge Delegierte haben über die wichtigsten Themen der Zukunft gesprochen. Neben der Teilnahme politischer Gäste und einem Kulturprogramm wurden auf der Bundesjugendkonferenz vom 13. bis 15. Mai vor allem zahlreiche Anträge diskutiert und beschlossen.