Bundesjugendkonferenz

Ausbildung in Coronazeiten

Die Bundesjugendkonferenz steht vor der Tür: Alle vier Jahre treffen sich mehr als 100 junge Delegierte, um über die wichtigsten Themen der Zukunft zu sprechen. Diese Mal werden vom 13. bis 15. Mai die Auswirkungen der Corona-Krise eine große Rolle spielen. Viele Auszubildende haben mit dem Ausfall von Lerneinheiten, mobilem Arbeiten und eingeschränktem Berufsschulunterricht zu kämpfen. Wir haben mit Azubis der Generation Corona über ihre Herausforderungen gesprochen und stellen sie vor.

Die Corona-Pandemie macht auch Auszubildenden zu schaffen: Distanzlernen, fehlende Praxis in der Produktion, Homeoffice, Kurzarbeit und andere Probleme begleiten sie. Zugleich sank im Zuge der Corona-Krise die Zahl der Ausbildungsplätze, auch in unseren Branchen. Um diesem Trend entgegenzuwirken, hat die Allianz für Aus- und Weiterbildung, ein Zusammenschluss von Vertretern aus Gewerkschaften, Wirtschaft und Politik, bereits einen Schutzschirm für Ausbildung gespannt, der eine Ausbildungsprämie enthält. Bei der 7. Bundesjugendkonferenz der IG BCE (13. bis 15. Mai) beraten 150 Delegierte darüber, wie wir als IG  BCE die jungen Leuten bei diesen Herausforderungen unterstützen können.

Corona-Pandemie und die Zukunft der Ausbildung

Rund 160 Anträge stehen auf dem Programm der dreitägigen Konferenz, die coronabedingt digital stattfinden wird. Aufgezeichnet wird die Veranstaltung in der Hauptverwaltung in Hannover, wo auch Teile des Organisationsteams – wie Antragskommission und Präsidium – in Präsenz anwesend sind. Neben den aktuellen Fragestellungen, die sich rund um die Pandemie und die Zukunft der Ausbildung drehen, wird es auch die Themen wie Digitalisierung, Mobilität und bezahlbarer Wohnraum gehen.  Die Delegierten vertreten die Interessen von 60.000 IG-BCE-Mitgliedern unter 27 Jahren und entscheiden über die politische Ausrichtung der kommenden vier Jahre. Teilweise werden die bei der Bundesjugendkonferenz (Bujukon) verabschiedeten Anträge auch auf dem Kongress eine Rolle spielen.

Interessante Redebeiträge sind bei der Bujukon 2021 ebenfalls zu erwarten: Neben IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis, der sich am Sonnabend der Diskussion mit den Delegierten stellt, senden Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann am Freitag ihre Grußbotschaften per Videostream, anschließend debattieren sie mit den Teilnehmenden über Ausbildungsfragen. Integriert in die Veranstaltung sind einige Kabarett- und Kultureinlagen, um das straffe Programm aufzulockern.

Wir haben bereits vor der Bundesjugendkonferenz mit Auszubildenden gesprochen und sie gefragt, was derzeit ihre größten Herausforderungen sind und wie sie ihre Ausbildung mitten in der Corona-Krise meistern.

Vinnolit (Chemiepark Knapsack)

Ein Problem sehen andere gerade bei dem zunehmenden Mangel an Anschaulichkeit. So wie Charlotte Spelter, die beim Chemieunternehmen Vinnolit arbeitet. "Ich glaube, es wird weniger herumexperimentiert als vorher", bringt sie es auf den Punkt. Die 22-jährige JAV- und Gesamt-JAV-Vorsitzende bei Vinnolit sieht mit Sorge, "dass für die Auszubildenden jetzt die ganzen Modelle wegfallen – zum Beispiel Pumpenlaufräder". Das liege am Distanzlernen. "So ein aufgeschnittenes Modell habe ich nicht nur gesehen, ich konnte es selbst in die Hand nehmen, drehen und schauen, wie sich was bewegt". Das sei wichtig, denn ein großer Teil der Chemikant*innen-Ausbildung beinhalte schließlich Anlagentechnik.

Die 3-D-Videos für Modelle empfindet sie als unzureichend. "Da gucke ich mir dann wieder ein Video an, nachdem ich den ganzen Tag Videokonferenzen hatte", meint sie skeptisch. Wichtig sei aber die haptische Verknüpfung, um das Modell wirklich verstehen zu können. Die 22-Jährige ist selbst Chemikantin, ausgelernt hat sie im Februar 2021. Die Ausbildung, erklärt sie, sei durch die Corona-Pandemie in vielerlei Hinsicht beeinträchtigt: Gerade diejenigen, die 2020 Zwischenprüfung hatten, hätten es besonders schwer gehabt, denn "deren Prüfungsvorbereitung fiel in eine Chaos-Phase". Spelter ist aber dennoch optimistisch: "Ich glaube, dass wir es immer noch schaffen, genauso gute Chemikantinnen und Chemikanten auszubilden wie vor Corona", meint sie. "Aber es ist vor allem für die Azubis deutlich mehr Arbeit."

Charlotte Spelter, Vinnolit

Charlotte Spelter, JAV- und Gesamt-JAV-Vorsitzende bei Vinnolit

Foto: © privat

Auch bei Vinnolit waren die Auszubildenden zu Beginn der Krise rund sieben Wochen raus aus den Betrieben. In dieser Zeit habe sie täglich fünf bis sechs Mails mit Fragen von den Auszubildenden bekommen und dabei geholfen, das Organisatorische für die Auszubildenden zu klären. "Bei allem, wo ich mir als JAV und Azubi nicht sicher war, habe ich beim Betriebsrat und der IG BCE nachfragen können – die waren immer erreichbar", sagt sie.

Symrise, Standort Holzminden

Die ausgelernte Industriekauffrau und JAV-Vorsitzende Nike Rasch (22) arbeitet bei dem Duft- und Aromenhersteller Symrise im niedersächsischen Holzminden. Ein großes Thema für die derzeitigen Auszubildenden sei der Berufsschulunterricht, der fast ausschließlich online stattfinde – damit kämen einige gut zurecht, „für andere ist das schwieriger, denen fehlt der soziale Aspekt und sie können besser zusammen mit anderen lernen“, erklärt sie.

Die Auszubildenden könnten weiterhin in den Betrieb und „wir haben das Glück, dass wir noch Werksunterricht haben“, so Rasch. Der finde abwechselnd in Kleingruppen oder online statt. Abstriche habe man bei den Vorbereitungen auf die Prüfungen machen müssen – durch die Aufteilung in zwei Gruppen habe jede Gruppe jetzt nur noch eine Woche Prüfungsvorbereitung. Die Übernahmesituation sei unverändert gut, sagt die JAV-Vorsitzende.

Alle versuchten „an einem Strang zu ziehen, um den Azubis eine gute Ausbildung zu ermöglichen“, so Rasch.

Nike Rasch, Symrise

Nike Rasch, JAV-Vorsitzende Nike, Symrise

Foto: © Symrise