Bundesjugendkonferenz

"Zeit für Held*innen"

Drei Tage, 150 Delegierte, rund 130 Anträge – bei der 7. Bundesjugendkonferenz (13. bis 15. Mai 2021) hat die Gewerkschaftsjugend über die Fragen der Zukunft diskutiert und wichtige Weichen für die kommenden Jahre gestellt. Unter anderem fordert die Jugend eine Aufstockung der Ausbildungsplätze, den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs sowie bezahlbaren Wohnraum für Azubis.

Beginn der Bundesjugendkonferenz 2021
Foto: © Christian Burkert

Die Konferenz begann mit einem Versprechen: „Nächstes Jahr wieder in Präsenz.“ IG BCE-Bundesjugendsekretär Philipp Hering bezog sich in seiner Begrüßung auf den Umstand, dass in diesem Jahr die 7. Ordentliche Bundesjugendkonferenz der IG BCE (13. bis 15. Mai) coronabedingt digital stattfand: Unter dem „Zeit für Held*innen“ wurde die Veranstaltung in der Hauptverwaltung in Hannover aufgezeichnet, von wo aus die Veranstaltung mit wenigen Anwesenden corona-sicher für die Delegierten im Land ausgestrahlt wurde.

Und Herausforderungen gibt es auch über die Organisation einer digitalen Konferenz hinaus viele: Von der angespannten Ausbildungssituation in Pandemie-Zeiten, über soziale Schieflagen beim Thema Wohnen, hin zu den großen Wandlungsprozessen der digitalen und ökologischen Transformation. Daher unterstrich der IG-BCE-Bundesjugendsekretär in seiner Rede noch einmal das Motto der Konferenz: „Es ist Zeit für Held*innen. Wir können nicht darauf bauen, dass andere etwas tun – es kommt auf uns an, wir müssen mit Mut und Herz die Themen angehen.“ Francesco Grioli, das für die Jugend zuständige Mitglied im geschäftsführenden Hauptvorstand (gHV), erklärte: „Ihr seid die junge Stimme in der IG BCE. Es braucht starke Signale in Richtung Kongress.“ Neue, digitale Partizipationsmöglichkeiten, ein klarer Kurs, eine laute Stimme und „ein Wertefundament, das uns eint“, das seien Markenzeichen der IG-BCE-Jugend, so Grioli: „Ihr zeigt, wie Gesellschaft und Demokratie gestalten, funktioniert.“

Besorgt zeigte er sich über die aktuelle Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt: Aufgrund der Corona-Krise sei die bundesweite Zahl der Ausbildungsplätze erstmals seit 30 Jahren unter die Marke von 500.000 gefallen, in den Branchen der IG BCE betrug der Rückgang knapp sechs Prozent. Das sei verheerend, denn gerade jetzt brauche es Innovation und Fachwissen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Daher hatte Grioli eine klare Botschaft an die Arbeitgeber: „Es darf keine ‚Rotstift-Politik‘ in den Unternehmen geben. Es braucht jetzt Perspektiven für junge Menschen. Wir müssen sicherstellen, dass wir keine ‚Corona-Generation‘ bekommen.“ 

Diskutieren, zuhören und beschließen: So lief unsere Bundesjugendkonferenz

IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis zeigte „schwer beeindruckt“ von der Bundesjugendkonferenz. „Ihr schafft es, junge Menschen von Solidarität und Gewerkschaft zu begeistern“, sagte er. Die Jugend lebe Vielfalt und die Gender-Frage als Normalität und sei für die Organisation ein „Seismograph“ gesellschaftlicher Entwicklungen. „Ich kann euch versichern: Wir sind alle mit ganzem Herzen dabei, Jugendarbeit zu fördern.“  Zur Ausbildungskrise sagte er in Richtung Arbeitgeberverbände, dass diese nicht kurzfristig eigene Interessen voranstellen sollten, sondern jungen Menschen eine Perspektive geben sollte. An den neu konstituierten Bundesjugendausschuss appellierte er, sich aktiv einzubringen in die Modernisierungsdebatten: „Kümmert euch, das ist euer Laden – don’t dream it, do it!“ Der Vorsitzende unterstrich zudem, dass die IG BCE sich zu den Weltklimabeschlüssen und dem 1,5 Grad-Ziel bekenne, es gehe jetzt um den Weg dahin: „Wir wollen, dass die Transformation zur Klimaneutralität eine Chance für die Menschen wird durch Technologie, Innovation und Investition.“ Nur mit Verzicht und Abschalten werde man nicht erfolgreich sein. „Das darf kein avantgardistisches Thema sein, wo man leichtfertig mit Industriearbeitsplätzen umgeht – es geht um Arbeitsplatz und Klima!“ 

Zugeschaltet waren am zweiten Konferenztag zudem Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und DGB-Chef Reiner Hoffmann: Heil versprach mit Blick auf die angespannte Lage am Ausbildungsmarkt: „Wir kämpfen um jeden Arbeits- und Ausbildungsplatz.“ Es sei „fatal“, dass die Zahl der Ausbildungsplätze zurückgehe, niemand dürfe den Anschluss verlieren. Er forderte bessere Löhne durch eine stärkere Tarifbindung: „Klatschen reicht nicht!“ Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann erklärte, auch nach der Corona-Krise brauche es einen Ausbau von Partizipation und Mitbestimmung. Kritisch äußerte er sich zum Thema Übernahme: „Es darf keine Befristung nach der Ausbildung geben.“ Er forderte ebenfalls eine Rückkehr zur Tarifbindung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge.

Forderungen der IG-BCE-Jugend

Konkrete inhaltliche Forderungen der Delegierten waren neben mehr Ausbildungsplätzen, der Verbesserung der Ausbildungssituation, bezahlbarem Wohnraum für Azubis auch eine kostenlose Nutzung des ÖPNV, eine bessere Betreuung in der Ausbildung durch kleinere Gruppen und eine verbesserte technische Ausstattung von Berufsschulen. Auch für eine Erhöhung des Bezugsalter für das Kindergeld (aktuell bis zum 25. Lebensjahr) sowie eine Bürgerversicherung zur Finanzierung des Gesundheitssystems will sich die Jugend einsetzen, ebenso wie für mehr Diversität in den eigenen Gremien oder E-Tankstellen vor den Gewerkschaftshäusern.

Zum Abschluss der Konferenz befasste sich die IG-BCE-Jugend mit dem Bereich „Antifaschismus. Es war ein sehr emotionaler Moment als man zu Beginn des Antragblocks an das junge IG-BCE-Mitglied erinnerte, das Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau wurde. Im Leitantrag „Rechtsextremismus und Faschismus bekämpfen – für eine solidarische Gesellschaft“ beschlossen die Delegierten eine verstärke Kooperation mit Organisationen, die sich gegen Faschismus und Rassismus engagieren, aber sie fordern auch, das eigene Engagement zu intensivieren.

Alle vier Jahre treffen sich die Delegierten der Gewerkschaftsjugend, sie vertreten die Interessen von rund 60.000 jungen IG-BCE-Mitgliedern unter 27 Jahren und entscheiden auf ihrer Konferenz über die politische Ausrichtung der Gewerkschaft.

Bundesjugendkonferenz
Zeit für Held*innen

Mehr als 100 junge Delegierte haben über die wichtigsten Themen der Zukunft gesprochen. Neben der Teilnahme politischer Gäste und einem Kulturprogramm wurden auf der Bundesjugendkonferenz vom 13. bis 15. Mai vor allem zahlreiche Anträge diskutiert und beschlossen.