Rund 150 Beschäftigte haben sich heute vor dem Haupttor des Industrieparks Walsrode zu einer politischen Mittagspause versammelt und den Druck auf die Arbeitgeberseite in den laufenden Chemie-Verhandlungen erhöht. Dazu aufgerufen hatte die IGBCE, unterstützt von der Ortsgruppe Hohe Heide. Bei Pizza und Getränken diskutierten die Beschäftigten der im Industriepark ansässigen Unternehmen Wipak, IFF, Dow, EnBW und Walsroder Casings über das Auftreten der Arbeitgeber und zeigten mit Entschlossenheit, dass sie hinter den Forderungen der IGBCE stehen.
Rund um die bundesweiten Aktionstage am 18. und 19. Juni finden im gesamten Land dutzende Aktionen statt, mit denen die Chemie-Beschäftigten ihren Forderungen in den Tarifverhandlungen in der chemisch-pharmazeutischen Industrie Nachdruck verleihen, von Kundgebungen, über Verteilaktionen und politische Mittagspausen bis hin zum Torwand-Schießen.
Denn auch in der zweiten Runde der Chemie-Tarifverhandlungen Anfang Mai konnten sich IGBCE und Arbeitgeber nicht auf ein Ergebnis für die 585.000 Beschäftigten in der chemischen Industrie einigen. Die IGBCE fordert für die Beschäftigten der Branche eine Einkommenserhöhung von sieben Prozent, tarifliche Regelungen für Wertschätzung und Besserstellung von Gewerkschaftsmitgliedern sowie eine Modernisierung des Bundesentgelttarifvertrags.
Sören Tuleweit, Gewerkschaftssekretär im IGBCE-Bezirk Hannover: "Nach zwei bundesweiten Verhandlungsrunden haben die Arbeitgeber noch kein Angebot vorgelegt. Das haben die Beschäftigten nicht verdient. Die Lücke im Geldbeutel, die durch die hohe Inflation der letzten zwei Jahre entstanden ist, muss geschlossen werden. Wir brauchen keinen Krisenabschluss, wie ihn die Arbeitgeber fordern. Wir fordern Investitionen in Gute Arbeit und setzen hier in Bomlitz ein starkes Zeichen."
Neben der Erhöhung ihrer Einkommen müsse dieses Angebot zwingend einen Nachteilsausgleich für Mitglieder der IGBCE beinhalten, so Ralf Petersen, gewerkschaftlicher Vertrauensmann beim Spezialchemiehersteller IFF und Mitglied der Tarifkommission. "Unsere Mitglieder zahlen seit Jahren ihre Beiträge. Von unseren guten Abschlüssen profitieren aber auch die Kolleginnen und Kollegen, die nichts zahlen und nur alles mitnehmen." Gewerkschaftsmitglieder sollten endlich die Besserstellung und Wertschätzung dafür haben, dass sie diese Tarifverhandlungen überhaupt erst möglich machen.
Thorsten Buse, Wipak-Betriebsratsvorsitzender, appellierte an seine Kolleginnen und Kollegen, sich stärker einzumischen nach dem Motto "Mit-Mut-(Mit)Machen". "Die IGBCE, mit den Vertrauensleuten und den Betriebsräten, wird es ohne Euch nicht schaffen, die anstehenden Herausforderungen zu meistern." Es bedarf Mut von jeder und jedem einzelnen, sich in die bevorstehenden Veränderungsprozesse einzumischen und "nicht wegzuschauen und das Gestalten 'den anderen' zu überlassen." In Zukunft sollten Tarifverträge Elemente enthalten, die Gewerkschaft und Arbeitnehmenden ermöglichen, mehr Einfluss zu nehmen. Als Beispiel nennt Thorsten Buse die Einführung einer Kreislaufwirtschaft.
Am 26. und 27. Juni gehen die Chemie-Verhandlungen in Bad Breisig bei Bonn in die dritte Bundesrunde.