Die Lage für die Opposition in der früheren Sowjetrepublik Belarus ist weiterhin extrem angespannt: Mehr als 800 politische Gefangene sind aktuell inhaftiert, darunter nach Angaben von Lizaveta Merliak von der belarussischen Gewerkschaft BITU mehr als 30 Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter.
Lizaveta Merliak
Seit der gefälschten Präsidentenwahl im Sommer 2020 dauern die Proteste der Opposition gegen den Machthaber Alexander Lukaschenko bereits an. Lukaschenko wiederum reagierte mit extremer Härte auf die friedlichen Demonstrationen. Tausende flüchteten ins Exil, hunderte wurden gefoltert und verhaftet, auch mehrere Todesfälle sollen sich ereignet haben. Die prominenteste politische Gefangene ist die Menschenrechtlerin Maria Kolesnikowa, die vor wenigen Monaten wegen der Gründung einer extremistischen Vereinigung zu elf Jahren Gefängnis verurteilt wurde.
Zwar habe das belarussische Regime Anfang September zwei prominente Gewerkschaftsführer begnadigt, die zuvor wegen Protesten zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden waren. Immer noch aber seien hunderte andere politische Gefangene inhaftiert, so berichtet die belarussische Kollegin Merliak. Unter anderem wurde auch der BITU-Präsident Maskim Pazniakou vor drei Monaten vorübergehend festgenommen. Grund dafür sei vermutlich eine Rede des Gewerkschafters auf einem IndustriAll-Kongress wenige Wochen zuvor gewesen. Zudem seien im September und Oktober mehrere BITU-Aktivisten verhaftet und vom KGB verhört worden.
Auch sei es zu zahlreichen Razzien und Durchsuchungen bei Gewerkschaftsmitgliedern gekommen. Mindestens 31 Gewerkschaftsmitglieder seien noch inhaftiert. „Viele Aktivisten mussten aus dem Land fliehen, um nicht festgenommen und wegen Landesverrats angeklagt zu werden“, bilanziert Merliak. Den verhafteten Kollegen und Kolleginnen würden 15 bis 20 Jahre Gefängnis drohen.