Eine formelle Abmahnung ist eine schriftliche Warnung an den Auszubildenden, sein Verhalten in einem bestimmten Punkt zu ändern. Du kannst zum Beispiel abgemahnt werden, wenn du häufig zu spät zur Arbeit kommst.
Das Abmahnungsschreiben wandert in die Personalakte und kann später zu Nachteilen für dich führen: Vielleicht wirst du wegen der Abmahnung nach der Ausbildung nicht übernommen, oder aber die Abmahnung ist später ein Argument für eine außerordentliche Kündigung - wenn sich dein Verhalten doch nicht gebessert hat.
Du kannst gegen die Abmahnung mit rechtlichen Mitteln vorgehen, so kannst du versuchen beim Arbeitsgericht per Klage eine Entfernung der Abmahnung aus deiner Personalakte zu erreichen. Arbeitsrechter raten hiervon allerdings ab und empfehlen allenfalls, eine Gegendarstellung abzugeben und zu verlangen, dass diese in die Personalakte aufgenommen wird.
Recht auf Gegendarstellung
Sven ist ein paar Mal zu spät zur Arbeit erschienen. Dann hat er dem Meister vielleicht eine Spur zu pampig geantwortet, so dass dieser sich beleidigt fühlte. Und jetzt soll er auch noch einem Werkzeugwagen so unglücklich einen kleinen Tritt versetzt haben, dass er einem Kollegen auf die Füße gekippt ist. „Es reicht", meint der Ausbildungsleiter. Er informiert die Personalleitung, und die schickt Sven prompt eine Abmahnung. Darin wird ihm gedroht: Wenn sich sein Verhalten nicht bessert, kann er gekündigt werden.
Sven findet das alles furchtbar ungerecht. Dass er zu spät kam, läge an der unzuverlässigen Buslinie, meint er. Und der Meister verstehe keine Ironie und suche nur einen Grund, um ihm „eine reinzuwürgen". Dass der Werkzeugwagen umkippte - damit habe er gar nichts zu tun. Das wacklige Ding habe er überhaupt nicht berührt. Vielmehr habe er vor dem Gang nach Hause einen lauten Jauchzer ausgestoßen und darüber habe der Kollege vor Schreck den Wagen selbst umgekippt.
Je mehr er drüber nachdenkt, desto saurer wird Sven über seine Abmahnung, die auch in der Personalakte landen wird. Ob er mit so einem Eintrag nach der Ausbildung noch übernommen wird? Sven nimmt sich vor, die Angelegenheit nicht auf sich beruhen zu lassen. Aber was soll er tun? Soll er vors Arbeitsgericht gehen, um zu erreichen, dass der Eintrag getilgt wird? Prinzipiell wäre das möglich.
Aber Ansgar Claes, Arbeitsrechtler bei der Hauptverwaltung der IG BCE rät in solchen Fällen davon ab. Denn ein Eintrag in der Personalakte ist zunächst bloß der Versuch des Arbeitgebers, einen Beweis dafür festzuhalten, dass der Auszubildende aus seiner Sicht Anlass zur Beanstandung gegeben hat - nicht mehr und nicht weniger. Ob dieser Beweis einer näheren Überprüfung standhält, entscheidet sich erst später bei einem möglichen Kündigungsschutzverfahren - falls der Arbeitgeber tatsächlich das Ausbildungsverhältnis beenden will. Claes gibt zu bedenken: „Wenn sich der Auszubildende und sein Arbeitgeber schon wegen einer Abmahnung vor Gericht treffen, erhöhen sich dadurch später die Chancen auf eine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis erst recht nicht."
Wenn die Tatsachen für die Abmahnung - wie in dem Fall von Sven - nicht eindeutig sind, sollten die Betroffenen aber von ihrem Recht auf eine „Gegendarstellung" Gebrauch machen. Sven hat, wie alle Arbeitnehmer, einen Anspruch darauf, dass seine Sicht der Dinge ebenfalls in der Personalakte festgehalten wird. Das steht in § 83 Absatz 2 Betriebsverfassungsgesetz. Dabei sollte er sich aber auf die reinen Tatsachen beschränken. Meinungen und Wertungen (etwa: „der Meister versteht keine Ironie") gehören nicht in so eine Gegendarstellung. Sven sollte sich darauf beschränken, dort nur hineinzuschreiben, was der Meister tatsächlich gesagt hatte. Zum Beispiel seine Aussage:„Lehrjahre sind keine Herrenjahre". Denn darauf hatte er nur schlagfertig geantwortet: „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen!" Dass Sven der Meinung ist, sein Ausbilder habe den Meisterbrief eigentlich gar nicht verdient, lässt er wohlweislich in seiner Gegendarstellung weg.
Vergehen erledigt
Eine Abmahnung zu kassieren, ist für den weiteren Ausbildungsweg nicht gut. Sie hat aber sogar einen klitzekleinen Vorteil: Wenn das Unternehmen einen Auszubildenden wegen irgendeines Verstoßes schon abgemahnt hat, kann es nicht mit Hinweis auf denselben Verstoß eine Kündigung nachschieben. Die eine Angelegenheit ist damit also wenigstens erledigt. Mit der Abmahnung wegen mehrfachen Zuspätkommens im Juli und August sind also diese bisherigen Fälle von Bummelei erledigt. Wer aber im September weiterhin zu spät kommt, muss mit neuen Maßregelungen - bis hin zur Kündigung - rechnen.