Tag der Arbeit

„Solidarität ist Zukunft“

„Solidarität ist Zukunft“ lautet das Motto für den diesjährigen Tag der Arbeit am 1. Mai. Seit vielen Jahrzehnten feiern wir diesen Tag gemeinsam, Seite an Seite, bei Kundgebungen und Demonstrationen, mit Reden,Musik, Diskussionen, vielen Gesprächen und gern auch mit einer Bratwurst und einem kalten Bier. Die IG BCE und ihre Schwestergewerkschaften im DGB leben auch von diesen gemeinsamen Erlebnissen, der solidarischen Kraft des Miteinanders.

Michael Vassiliadis, IG-BCE-Vorsitzender

Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IG BCE

Foto: © Helge Krückeberg

Und trotzdem müssen wir in diesem Jahr wieder weitgehend auf persönliche Begegnungen verzichten, stattdessen setzen wir wieder überwiegend auf virtuelle Treffen. Die Corona-Pandemie macht, wie auch schon 2020, gesunde Distanz zum Gebot der Stunde.

Dieses Virus hat unsere Welt und unser Leben verändert, die Art, wie wir arbeiten, uns treffen, unsere Freundschaften pflegen. Es verändert auch unsere Gesellschaft: Es gibt deutliche Anzeichen, dass die Pandemie die Verteilungsunterschiede in diesem Land massiv verschärft hat, die soziale Unwucht sich weiter ausdehnt. Das darf so nicht bleiben! Mehr denn je ist es jetzt an der Zeit, das Motto des Maifeiertags ganz wörtlich zu nehmen. Ohne Solidarität, die tragende Säule aller Gewerkschaftsarbeit, kann es keine gute Zukunft für alle Arbeitnehmer*innen und Bürger*innen geben. Nur wenn wir solidarisch sind und bleiben, wird die gesamte Gesellschaft - inklusive der Menschen, denen es wirtschaftlich nicht so gut geht wie der breiten Masse - die Pandemie unbeschadet überstehen, gesundheitlich wie auch wirtschaftlich.

Das gilt natürlich für die Arbeitswelt, aber gerade jetzt auch für unser privates Miteinander. Wir alle erleben das im Alltag: Viele der Corona-Schutzregeln funktionieren nur dann, wenn der Großteil der Bevölkerung sich solidarisch daran hält, die Starken sich für die Schwächeren zurücknehmen. Was oft vergessen wird: Die individuelle Freiheit der breiten Masse basiert auf einer solidarischen Gesellschaft. Ein Blick in die USA - dem Land vermeintlicher Freiheit für jede und jeden - zeigt, dass die Freiheit für einen Großteil der Bevölkerung faktisch lediglich theoretisch ist. Und das hat ganz konkrete Folgen. Entsolidarisierte Gesellschaften verschärfen die sozialen Ungleichheiten: Wer reich ist, wird oft noch reicher, wer arm ist, bleibt es. Das kann und darf kein Vorbild für unser Zusammenleben sein.

„Mehr Solidarität wagen“

Im vergangenen Herbst haben wir als IG BCE das Positionspapier „Mehr Solidarität wagen“ veröffentlicht, in dem wir den Wert der deutschen Kooperationsgedanken hervorgehoben haben. Mitbestimmung und Kooperation haben dafür gesorgt, dass etwa Arbeitsmarkt und Wirtschaft in Deutschland bislang vergleichsweise glimpflich durch die vergangenen 14 Monate gekommen sind. Wir DGB-Gewerkschaften haben uns gegenüber der Politik extrem stark gemacht für eine Vereinfachung und Verlängerung der Kurzarbeit, ebenso wie für milliardenschwere Hilfsprogramme nicht nur für große Konzerne, sondern auch für kleine und mittelgroße Unternehmen.  Das prägende Prinzip unserer Arbeitswelt, aber auch im gesellschaftspolitischen Miteinander ist und bleibt die Solidarität – das ist das Leitmotiv der Gewerkschaften.

Die IG BCE lässt dich nicht allein in dieser Krisenzeit. Ganz im Gegenteil: Uns ist und bleibt es gerade jetzt wichtig, die Sorgen und Nöte der arbeitenden Menschen zum Thema zu machen, Probleme anzugehen, den Schwächeren zu helfen, Solidarität zu zeigen. Und es ist wichtig, dass wir uns weiterhin treffen, wenn schon nicht von Angesicht zu Angesicht, so doch wenigsten virtuell. Der DGB plant für den 1. Mai einen interessanten Livestream, wir als IG BCE veranstalten am Vorabend ein digitales „Warmup“ für den Tag der Arbeit. Auch du kannst dich am 30. April ab 18 Uhr beim virtuellen Angrillen „Auf eine Bratwurst mit“ mir und meinen Kolleg*innen im geschäftsführenden Hauptvorstand (gHV) dazuschalten. So schaffen wir uns gemeinsame Erlebnisse, die uns – trotz Distanz – zusammenschweißen. Das Miteinander ist unsere Kraftquelle, daraus ziehen wir unsere Stärke und unsere Handlungsfähigkeit.

Modernisierung der Mitbestimmung

Was wir bewirken können, wenn wir solidarisch zusammenstehen, zeigt ein Blick in die Vergangenheit: Vor 70 Jahren trat das Gesetz für die Mitbestimmung in der Montanindustrie in Kraft, bis heute setzt diese unter dem Druck von Gewerkschaften und Belegschaften entstandene Regelung Maßstäbe für andere Branchen. Denn anders als in Aufsichtsräten anderer Unternehmen ist es hier nicht möglich, dass die die Kapitalseite die Belegschaftsvertreter*innen im Kontrollgremium einfach überstimmen kann, weil der*die Vorsitzende ein doppeltes Stimmrecht hat. Im Rahmen unserer aktuellen Mitbestimmungsinitiative fordern wir deshalb eine Modernisierung der Mitbestimmung: Weitreichende Entscheidungen wie Verlagerungen, Werksschließungen oder Massenentlassungen sollen in strittigen Fällen künftig nicht mehr durch das Doppelstimmrecht entschieden werden können. Stattdessen soll ein Schiedsverfahren eingeführt werden, um rein kapitalmarktgesteuerte Beschlüsse zu verhindern. Mit Blick auf die anstehenden Transformationsprozesse in der deutschen Industrie ist es unabdingbar, dass Kapital- und Belegschaftsseite im Aufsichtsrat auf Augenhöhe um die beste Lösung für alle ringen können. Das ist moderne Mitbestimmung! So funktioniert gelebte Sozialpartnerschaft!

Die IG BCE will auch künftig für mehr Gerechtigkeit, für Gute Arbeit und Solidarität kämpfen. Im Herbst findet unser 7. Ordentlicher Gewerkschaftskongress statt, bei dem wir die inhaltlichen Leitlinien für die künftigen Jahre festzurren werden. Einen Teil des Weges sind wir schon gegangen: In den vergangenen Wochen und Monaten haben mehr als 3000 Delegierte bei 42 Bezirksdelegiertenkonferenzen überwiegend digital getagt und über Anträge diskutiert und entschieden. Es war ein Kraftakt sondergleichen: Noch nie haben wir diesen demokratischen Willensbildungsprozess auf virtuellem Weg organisieren müssen. Es ist wirklich herausragend, was die Verantwortlichen auf allen Ebenen geleistet haben. Und diesen Weg gehen wir unbeirrt weiter, mit den Landesbezirksdelegiertenkonferenzen und im Oktober auf unserem Kongress. Die Pandemie macht uns unsere Arbeit nicht leichter – aber davon lassen wir uns nicht aufhalten.

Weitere Informationen

Solidarität ist Zukunft
Foto: © DGB
Online-Events am Tag der Arbeit

Es ist der zweite Tag der Arbeit ohne Großkundgebungen – und doch bleiben wir Gewerkschafter*innen solidarisch und engagiert. Das gilt für den Pandemiebedingungen angepasste Präsenzveranstaltungen ebenso wie für das volle Programm im Netz.