Besuch der BP-Raffinerie in Lingen

„Raffinerien sind Teil der Lösung“

Es geht nur miteinander: Der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies und IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis diskutierten mit Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter*innen des Energieunternehmens BP in Lingen über die zukünftige Rolle der Raffinerien und ihren Beitrag zum Klimaschutz.

Besuch der BP-Raffinerie in Lingen

Der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies (Mitte) und IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis (3.v.l.) diskutierten mit Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter*innen des Energieunternehmens BP in Lingen über die zukünftige Rolle der Raffinerien und ihren Beitrag zum Klimaschutz.

Foto: © BP/Kilian Westkamp

Raffinerien sind angesichts der gesetzten Klimaziele kein Auslaufmodell, sondern Teil der Lösung. Darin waren sich Olaf Lies, Gewerkschafts- und Unternehmensvertreter*innen sowie Oberbürgermeister Dieter Krone beim Besuch des Umweltministers in der bp Raffinerie Lingen Ende August einig.

Da auch in Zukunft flüssige Treibstoffe benötigt werden, um Flugzeuge und Schiffe anzutreiben, unterstrich IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis das große Potential der Pläne für die Raffinerie: „Wasserstoff bietet starke industriepolitische Perspektiven für Raffinerien und damit auch für die dort tätigen Kolleginnen und Kollegen“. Die Raffinerie im Emsland zählt mit 650 Beschäftigten zu den größten Arbeitgebern in der Region. Etwa 2.000 Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt vom Erfolg des Standorts ab. 

Für Raffineriebetreiber wie BP ist grüner Wasserstoff ein zentraler Baustein für die zukünftige Ausrichtung ihrer Anlagen. Im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie und weiterer regulativer Maßnahmen hat die Bundesregierung in den vergangenen Jahren Voraussetzungen für einen erfolgreichen Markthochlauf geschaffen. Dennoch ist weitere finanzielle Unterstützung nötig, bekundeten die Anwesenden. BP sieht den Standort Lingen als prädestiniert für eine Neuausrichtung aufgrund der bereits bestehenden technischen Einrichtungen wie Raffinerien, Infrastruktur, aber auch der Ressourcen, sagte Wolfgang Langhoff, Vorstandsvorsitzender der BP Europe SE. „Wir haben hier alle Voraussetzungen, um das Land mit CO2-armen Kraftstoffen, etwa für den Flugverkehr, zu versorgen und unter Einsatz von Wasserstoff unsere Industrieprozesse zu dekarbonisieren.“ Erste Projekte seien bereits angestoßen. 

So plant BP in Lingen zwei Wasserstoff-Großprojekte. Nach den Vorstellungen des Konzerns wird die Raffinerie im Emsland ab 2024 mit grünem Wasserstoff betrieben, der aus Windstrom erzeugt wird. Bezogen wird dieser von den Offshore-Anlagen des Projektpartners, dem dänischen Energiekonzern Ørsted. Damit können im ersten Schritt bereits 20 Prozent des derzeitigen Wasserstoffbedarfs klimaneutral ersetzt werden. In einem zweiten Projekt plant bp unter anderen mit den Energieunternehmen RWE und Evonik eine Wasserstoff-Pipeline zur Versorgung des Industriestandorts Gelsenkirchen zu nutzen. Beide Projekte haben sich um Mittel aus dem EU-Innovations-Fonds beworben und stehen in der Endauswahl, um als strategische Förderprojekte der Europäischen Kommission anerkannt zu werden. 

Dass sich Klimaschutz nur mit der Industrie durchsetzen lässt, nicht ohne sie, - darüber herrschte Einigkeit unter den Gesprächspartnern. Darüber hinaus betonte Olaf Lies, dass die Klimaschutzdebatte immer auch verknüpft sein müsse mit der Frage nach tariflich bezahlten Arbeitsplätzen. Die anstehenden Transformationen innerhalb der Branchen könnten nur sozialpartnerschaftlich gemeistert werden. Wichtig sei, die Kolleginnen und Kollegen bei den Prozessen mitzunehmen, pflichtete ihm der Betriebsratsvorsitzende Michael Fastabend bei. „Es ist unser Ziel, gute und sichere Arbeitsplätze hier zu halten.“ Viele Kolleg*innen hätten Angst, dass Raffinerien im Zuge der Energiewende nicht mehr gebraucht würden. Für sie sei der Besuch des Ministers ein positives Signal. „Das macht Mut“, so Michael Fastabend.

Im anschließenden gemeinsamen Lunch stellten sich Olaf Lies und Michael Vassiliadis den Fragen von Betriebsrät*innen und Vertrauensleuten. Diskutiert wurde über ein positives Image der Raffinerien als Zukunftsbranche, in der klimaneutral produziert und veredelt wird. „Wir sollten jetzt nicht mehr über Zielvorgaben diskutieren, wann wir die Klimaziele erreichen, sondern über Maßnahmen, wie wir sie erreichen“, forderte Ralf Becker, Landesbezirksleiter Nord, auf. „Hier in Lingen sehen wir ein sehr gutes Beispiel.“