Die Mitbestimmung in Deutschland braucht ein Update. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften, darunter auch die IGBCE, haben nun einen Gesetzentwurf für ein neues Betriebsverfassungsgesetz vorgelegt. Demnach sollen Betriebsratsgremien mehr Mitsprache bekommen – unter anderem bei Weiterbildung, Personalplanung oder Umwelt- und Klimathemen.
Im November 1952 trat in Deutschland das Betriebsverfassungsgesetz in Kraft, das die Informations- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats regelt. 1972 folgte eine grundlegende Novellierung, danach nur noch Detailänderungen. Höchste Zeit, das Gesetzeswerk fit zu machen für das 21. Jahrhundert mit seinen vielfältigen technologischen und sozialen Herausforderungen und dem anstehenden Transformationsprozess der Industrie. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften, darunter auch die IGBCE, haben einen detaillierten Gesetzesvorschlag erarbeitet, der die Mitbestimmung in den Betrieben stärken soll.
„Klima- und Umweltschutz gehören zu den zentralen Themen. Die dringend notwendige ökologische Transformation unserer Wirtschaft muss vorangetrieben werden“, erklärte Reiner Hoffmann. „Gerade im letzten Jahrzehnt ist das Betriebsverfassungsgesetz hinter die technische, ökologische und gesellschaftliche Entwicklung zurückgefallen. Es braucht einen Modernisierungsschub. Dafür zeigt das Reformkonzept konkrete Ansätze.“ Der Vorsitzende des DGB und des Vorstands der Hans-Böckler-Stiftung hat das Projekt der Fachleute initiiert. „Die Maxime dabei: Je größer Veränderungen sind, desto wichtiger ist es, dass sie gemeinsam mit den Menschen umgesetzt werden und nicht über ihre Köpfe hinweg. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat kürzlich gesagt: Transformation wird nur mit Mitbestimmung gelingen. Unser Reformvorschlag kann dabei helfen“, so Hoffmann.
„Es stärkt die demokratische Gesellschaft, wenn Beschäftigte ihre Interessen vertreten wissen, aber auch ihre Ideen einbringen können“, sagt HSI-Direktorin Johanna Wenckebach, wissenschaftliche Direktorin des Hugo-Sinzheimer-Instituts (HSI) der Hans-Böckler-Stiftung und Mitautorin des Gesetzesvorschlags . Studien würden zeigen: „Mitbestimmte Betriebe sind wirtschaftlich erfolgreicher. Beispielsweise sind sie produktiver, sie tun mehr für Qualifizierung oder die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.“ Trotz einzelner Verbesserungen durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz seien große Leerstellen geblieben. Ein Problem seien zudem zunehmende Umgehungsmöglichkeiten. „Sie sind entstanden durch technische und rechtliche Entwicklungen in einer inzwischen völlig veränderten Arbeitswelt mit ganz neuen Herausforderungen.“ Die Betriebsverfassung müsse auf Globalisierung und digitale Arbeitsformen reagieren.
Eine Expert*innengruppe aus den DGB-Gewerkschaften sowie Jura-Professoren – darunter der renommierte Rechtswissenschaftler Wolfgang Däubler – hat den Reformvorschlag erarbeitet, die sechs Themenfelder umfasst.
Ein zentraler Punkt des Reformvorschlags ist die Forderung, dass Betriebsratsgremien bei der Ausgestaltung der anstehenden Transformationsprozesse beteiligt werden, um aktive Beschäftigungssicherung betreiben zu können. Dafür, so die Forderung, brauche es ein Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte bei der Beschäftigungssicherung, Personalplanung oder Weiterbildung.