Ministerpläne zur Stärkung der Tarifbindung

"Dieses Reformpapier war überfällig"

Die IG BCE begrüßt den von Bundesarbeits- und -finanzministerium vorgelegten Vorstoß zur Stärkung von Sozialpartnerschaft und Tarifbindung. „Dieses Reformpapier war überfällig“, sagte der Vorsitzende der IG BCE, Michael Vassiliadis, in Hannover. „Zu lange hat die Politik dabei zugesehen, wie tariffreie Zonen ausgeufert und Heerscharen von Arbeitgebern aus der gesellschaftlichen Verantwortung geflüchtet sind.“

Michael Vassiliadis, IG-BCE-Vorsitzender

Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IG BCE

Foto: © Helge Krückeberg

Die Initiative von Arbeitsminister Hubertus Heil und Finanzminister Olaf Scholz sei ein wichtiger Baustein einer Neugestaltung der Arbeitsbeziehungen im Jahrhundert der Transformation. „Es braucht passgenaue und gemeinschaftliche Lösungen für jede Branche“, so Vassiliadis. „Das geht am besten in einer Sozialpartnerschaft auf Augenhöhe und einer Tarifbindung, die den Namen auch verdient.“

Die Tarifautonomie ist ein zentraler Pfeiler einer sozialen Wirtschaft. Mit Tarifverträgen sind die Entgelte regelmäßig höher, die Arbeitszeiten kürzer, die Arbeitsplätze sicherer, die Arbeitsbedingungen gesünder und die Entwicklungschancen der Beschäftigten wie der Betriebe besser. „Wir müssen unser Modell von Mitbestimmung, Mitgestaltung und Mitverantwortung der Arbeitnehmer*innen zukunftsfest machen“, so Vassiliadis.

Zur Stärkung der Tarifautonomie gehören nach Überzeugung der IG BCE neben einem umfassenden Tariftreuegesetz und weiteren staatlichen Anreizen für tarifgebundene Betriebe auch verpflichtende Elemente. So sollte es eine gesetzliche Verpflichtung der Arbeitgeber zu Tarifverhandlungen geben, wenn mindestens die Hälfte der Beschäftigten und eine zuständige Gewerkschaft dies verlangen.

Wichtig sei an dem Reformpapier der Minister, dass sie Gewerkschaften den Kontakt zu den Beschäftigten auch in Zeiten fortschreitender Digitalisierung der Arbeitswelt ermöglichen wollten, so Vassiliadis. „In der Politik wächst offenbar die Erkenntnis, dass ein Zugangsrecht der Gewerkschaften auch digital gelten muss. Das ist gut und richtig.“ Die IG BCE hatte bereits vor Monaten darauf hingewiesen, dass viele Unternehmen den Gewerkschaften den digitalen Kontakt zu den Beschäftigten versperren – dabei ist dies in Zeiten wachsender Homeoffice-Beschäftigung ein zentrales Mittel für die Gewährleistung innerbetrieblicher Demokratie.