TOTAL Raffinerie

„Die Opferbereitschaft ist überwältigend“

Die Umstellung der Arbeitsabläufe und damit ihres Berufs- wie Privatlebens kam so kurzfristig wie vieles in diesen von COVID-19-geprägten Wochen. Seit dem 22. März sind die Mitarbeiter der TOTAL Raffinerie Mitteldeutschland in Leuna auf dem Gelände kaserniert – oder wie es die Arbeitgeberseite nennt: in freiwilliger Klausur. Ziel ist es, eine Infektion mit dem Coronavirus und eine Verbreitung der Lungenkrankheit innerhalb der Belegschaft zu verhindern.

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Foto: © IG BCE/Markus Köpp

„Wir wurden etwa fünf Tage vorher gefragt, ob wir zu der Kasernierung bereit sind“, berichtet Chemikant Kevin Walloch, der sich seit sechs Jahren im Betriebsrat engagiert und seit drei Jahren als Schichtleiter in der Raffinerie tätig ist. „Der Großteil der Belegschaft hat sofort zugestimmt. Uns war klar: In dieser Situation muss einfach jeder seinen Beitrag leisten.“

Benzin, Diesel, Heizöl, Flüssiggas, Treibstoff für Flugzeuge, Bitumen, Methanol: Diese für die Wirtschaft so unentbehrlichen Rohstoffe werden in der Total Raffinerie Mitteldeutschland von der insgesamt rund 700 Mitarbeiter umfassenden Belegschaft produziert. Der gesamte Chemiestandort Leuna in Sachsen-Anhalt umfasst mit rund 200 Unternehmen mehr als 10.000 Mitarbeiter. Seit dem 22. März sind immer 120 Mitarbeiter der Raffinerie über Tage und Nächte hinweg zusammen kaserniert. Sie haben unterschiedliche Schichten, individuell auf ihr Familienleben abgestimmt.

Kevin Walloch
Foto: © Privat

"Uns war klar: In dieser Situation muss einfach jeder seinen Beitrag leisten.“


Kevin Walloch
Schichtleiter

Kevin Walloch, der mit seiner Lebensgefährtin drei Kinder im Alter von drei bis 15 Jahren betreut, arbeitet fünf Tage am Stück, zwölf Stunden pro Schicht. Danach hat er zehn Tage frei. Der längste Einsatz am Stück dauert bei Total zurzeit zwölf Tage. Auf dem Gelände der Raffinerie stehen große Containerburgen, in denen die Mitarbeiter schlafen. Aus den umliegenden leerstehenden Hotels wurden Betten herbeigeschafft – und für den Zeitvertreib Tischtennisplatten, Spielekonsolen und Fernseher aufgestellt. Zwei Kollegen aus der Tag- und Nachtschicht teilen sich einen Raum, so wird der direkte Kontakt weiter minimiert.

Bevor Walloch seine Schicht antritt, kauft er für seine Familie ein, damit seine Lebensgefährtin mit den Kindern in den fünf Tagen seiner Abwesenheit die Wohnung möglichst nicht verlassen muss. Sobald er die Raffinerie betritt, unterzieht sich der 32-jährige Merseburger einem Coronatest, dessen Ergebnis ein paar Stunden später vorliegt. Es wird Fieber gemessen, Walloch und seine Kollegen müssen einen Fragebogen ausfüllen, in dem sie angeben, mit wem sie in ihrer Freizeit Kontakt hatten – dann beginnen sie mit ihrer Arbeit.

„Wir sitzen alle in einem Boot. Die Solidarität ist groß, Einsatz- und Opferbereitschaft der Kollegen überwältigend“, lobt Gerald Schneider. Der Betriebsratsvorsitzende mahnt aber auch: „Es gibt zwar kein Drehbuch für eine solche Situation, aber für uns ist klar: Auch in der Krise gelten Betriebsvereinbarungen, Gesetze, Tarifverträge.“ Für den Betriebsrat sind Nachverhandlungen deshalb unerlässlich. Da vorher die Zeit fehlte und die Maßnahmen schnell umgesetzt werden mussten, besprechen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter nun, wie der Einsatz der Kollegen honoriert und eine der Situation angepasste Vereinbarung aussehen kann. „Da sind wir dran, das Informationsbedürfnis der Kollegen ist groß“, sagt Schneider und verspricht: „Wir vergessen niemanden.“

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